Mein 1. richtiger Tag in Berkeley startet holprig, ich bin mehrfach nachts wach: Um 0:00, 2:00 und 4:00 Uhr. Um 5:30 Uhr kann ich nicht mehr einschlafen. Wahrscheinlich war ich dann doch sehr früh im Bett, bin aufgeregt und merke die Zeitumstellung. Ich schreibe Pascal, weil bei ihm ist es ja schon 14:30 Uhr. 9 Stunden Zeitverschiebung ist schon ein großer Unterschied. Wenn ich aufstehe, ist euer halber Tag bereits vorbei. Wenn ich ins Bett gehe, stehen die ersten gerade erst auf und starten in den neuen Tag. Darüber hinaus lebt ihr ja auch irgendwie in der Zukunft 😀 Mark (mein Gastvater) hätte gerne die morgigen Lottozahlen, könnt ihr uns die bitte besorgen? 😉
Mark und Christine wollen heute einkaufen fahren: Zu Costco, einem „Supermarkt“. Bereits auf dem Weg dorthin weiht mich Christine ein, dass es kein gewöhnlicher Supermarkt ist. Daher auch die Anführungszeichen. Es ist eher eine riesige Lagerhalle mit diversen Schwerlastregalen und diese sind gefüllt mit allen möglichen Lebensmitteln in Großverpackungen. Und wenn ich Großverpackungen schreibe, dann meine ich das auch so: 1,13 Liter Shampoo, ein dreier Pack 1,5 Liter Orangensaft, 4 kg Bacon, 10 Zitronen pro Gebinde, 8 eingeschweißte Zucchini, 12 Flaschen Wein pro Kiste, 12 Avocados, 5 Blöcke Philadelphia Frischkäse, 5 kg Blattspinat, 2 Liter Mundspülung, 10 Zahnbürsten. Es erinnert mich ein wenig an die vielen Metro-Besuche, die ich bereits mit meinen Eltern gemacht habe. Aber nochmal 10 mal größer 😀 Wir schlendern durch die Gänge und erledigen den heutigen Einkauf.
Auf dem Rückweg hatte ich einen kleinen amerikanischen Moment. Wir fahren an einem Haus vorbei, in dessen Vorgarten sich ein Vater und sein Sohn einen Baseball hin und her schmeißen. Es erinnert mich an viele amerikanische Filme, die ich bereits gesehen habe.
Zurück zu Hause startet Christine damit das Mittagessen zuzubereiten. Da ich zum Frühstück keinen Hunger hatte und somit heute noch nichts gegessen habe, passt mir das sehr gut in den Plan. Sie bereitet eine riesige Snackplatte zu. Mit zwei verschiedenen Dips (Baba Ganoush und Humus) und Tabouleh. Es schmeckt so lecker und ich bin sehr froh, dass ich nicht in einer fleischfressenden, super amerikanisch kochenden Gastfamilie gelandet bin. Ich glaube bzgl. Essen muss ich mir hier wirklich keine Sorgen machen. Alleine dieser Gedanke beruhigt mich ungemein und mir fällt ein riesiger Brocken vom Herzen. Es schmeckt alles sehr gut.
Am Nachmittag ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und mache sogar noch ein kleines Nickerchen. Um 19 Uhr gibt es Abendessen. Ich hatte gehofft, heute Abend Isabella und Stine (die anderen beiden Schülerinnen von EF, die in der Gastfamilie wohnen) kennenzulernen. Leider sind sie noch nicht von ihrem Trip aus Nevada zurück. Das wird also erst morgen was. Mit Christine bespreche ich, dass sie mich morgen früh zum Bus bringt, damit ich auch pünktlich zu meinem ersten Schultag nach San Francisco komme. Es gibt zwei Wege, um zur Schule zu kommen. Erstens: Mit dem Bus. Dies ist ein spezieller Bus für Pendler, die in San Francisco arbeiten. Dieser pendelt nur morgens und abends zwischen Berkeley und San Francisco. Damit brauche ich 40 Minuten + weitere 20 Minuten zu Fuß. Die Busstation bei der Gastfamilie ist zum Glück direkt um die Ecke. Die zweite Möglichkeit ist „BART“. BART ist die U-Bahn hier. Zur BART-Station läuft man ca. 30 Minuten oder man nimmt ebenfalls den Bus – dies ist allerdings ein anderer Bus, als der Pendlerbus. Dieser braucht ca. 15 Minuten zur BART-Station und mit BART fährt man dann weitere 20 Minuten. Ein 20-minütiger Fußmarsch rundet den Weg zur Schule ab. Ich benötige also so oder so 1 – 1,5 Stunden (inkl. Wartezeiten) zur Schule.
Zuerst war ich etwas traurig darüber, dass die Gastfamilie so weit von der Schule und der Stadt entfernt wohnt. Die Alternative wäre die Bowes Residence direkt in San Francisco gewesen. Je mehr ich aber in den nächsten Tagen über die Residence erfahre, desto glücklicher bin ich für die Gastfamilie.
Hier eine kleine Gegenüberstellung:
Gastfamilie | Bowes Residence |
Im Preis enthalten | Zusatzkosten in Höhe von 240€ pro WOCHE (ja ihr lest richtig, pro Woche) |
Doppelzimmer mit einer weiteren EF Schülerin | Bis zu 6 Leute in einem kleinen Appartement. 2 Dreierzimmer + ein kleiner Gemeinschaftsraum mit Couch und Kitchenette. |
Frühstück und Abendessen (Mo-Fr) sowie Frühstück, Mittagessen und Abendessen am Wochenende sind im Preis enthalten | Keine Mahlzeiten enthalten, alles muss separat gekauft und bezahlt werden |
Voll ausgestattete Küche, die ich jederzeit benutzen kann | Lediglich die kleine Kitchenette ohne richtigen Herd oder Backofen. Es gibt nur eine Mikrowelle und einen „Cooking Pot“. |
Weiter weg von der Schule (ca. 1 – 1,5 Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln), daher ein wenig höhere Kosten für den Transport. Je nach Weg kostet mich ein Weg 4,75$ bis 6,25$ = ca. 10-12$ pro Tag. | Näher an der Schule gelegen, ca. 50 Minuten zu Fuß oder 35 Minuten mit der Bahn. Demnach auch geringere Transportkosten. |
Nach dem Essen gehe ich wieder früh ins Bett. Ich bin sehr müde, obwohl wir heute nicht viel gemacht haben. Trotzdem gibt es so viel zu verarbeiten. Ich glaube mein Kopf hat schon lange nicht mehr so auf Hochtouren gearbeitet. 😀